07.07.23

comp

Juli - jetzt ist Sommer in Berlin

In unserem beschaulichen Bayerischen Viertel sieht man sie nicht so oft, aber je weiter man sich Richtung City, Brandenburger Tor, Unter den Linden oder auch zum Kurfürstendamm begibt, stolpert man über Scharen davon: Touristen! Nein, sie nerven mich nicht. Nur wenn sie am Ende der KaDeWe-Rolltreppe einfach stehenbleiben, anstatt sich auf dem Weg in die Sechste weiter vorwärts zu bewegen.

Was ich allerdings doch feststellen muss, die Lokale sind jetzt voll von Touristen. Vor allem die Lokale mit Garten, Terrasse oder gar mit Blick aufs Wasser. Tatsächlich ist es mir neulich nicht gelungen an einem unspektakulären Donnerstagabend relativ spontan einen Tisch draußen – möglichst mit Wasserblick - für acht Personen zu ergattern. Auch nicht im „Café am Neuen See", das inzwischen eine stattliche Größe erreicht hat. Ende der Siebziger, als ich in Kreuzberg lebte, so wie jeder anständige, zugezogene Wessi (bin aber väterlicherseits halb waschecht), war das „Café am Neuen See" einer meiner absoluten Lieblingsorte. Ein verwunschenes kleines Gebäude im lauschigen Tiergarten, innen und außen reinste Fünfziger, auch die Berufsbekleidung der Ober. Einige Tische am Wasser, ein kleiner Bootssteg mit einer überschaubaren Anzahl von hölzernen Ruderbooten davor. Da konnte schon mal Wolfgang Menge oder Hotte Buchholz zwischen den überwiegend älteren Damen mit Kompotthut sitzen (ja, ich bin auch älter). Leider ist dieser herrliche, angestaubte Charme perdu zugunsten eines großen, gut organisierten Biergartens und eines feinen Landhaus-Restaurants, in dem viele Leute glücklich werden. Aber rudern kann man immer noch.

Ein weiterer meiner Lieblingsorte ist die Bootsanlegestelle hinter der Kongresshalle – heute das Haus der Kulturen der Welt. Niemand, der bei Trost ist, nennt dieses bedeutende Gebäude „schwangere Auster". Früher – also in West Berliner Zeiten - kaum besucht, mit einem kleinen Kiosk und drei Tischen an der Spree, hat sich dieser Ort inzwischen zur „Weltwirtschaft" weiter entwickelt. Und das ist auch gut so.

Für alle, die den Berliner Sommer draußen genießen möchten, hier ein Tipp: "Stadtoasen BERLIN", ein Buch von Susanne Leimstoll, erschienen im BeBra Verlag. Susanne Leimstoll verrät in dieser Sammlung von wunderbar beschriebenen Lokalitäten, wo die herrlichsten Restaurant-Terrassen und schönsten bewirteten Gärten zu finden sind. Man möchte sie stante pede besuchen. Und noch ein Tipp: Lassen Sie sich doch auch mal – wie die Touristen – mit einer Rikscha durch den Tiergarten fahren. Ich mache das ab und zu und es ist einfach großartig!

Schöne schöneberger Grüße
Ingrid Lang

Ex-Das süße Leben

In-Keine Angst-vor Hefeteig


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